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Pendragon à la française

Nachdem ubihex eine ausführliche Auflistung aller englischen und deutschen Publikationen zu Pendragon zur Verfügung gestellt hat, hier nun die Infos zu den französischen Ausgaben:

Während in Deutschland der Versuch Pendragon herauszubringen nach nur zwei Publikation aufgegeben wurde, haben unsere französischen Nachbarn deutlich mehr Elan gezeigt.

1986 übersetzte der Verlag Gallimard Greg Staffords erste Version, nur ein Jahr nach dem Druck der amerikanischen Auflage. Aber erst mit der dritten amerikanischen Auflage setze in Frankreich das Pendragonfieber richtig ein: 1992 brachte Oriflam, die auch Runequest, Strombringer und Hawkmoon publizierten, zunächst das Grundregelwerk, gefolgt von Übersetzungen aller(!) von Chaosium produzierten Supplements heraus.
An französischen Eigenproduktionen gab es dabei mehrere Szenarien im hauseigene „Tatou Magazine“ und auch das bekannteste französische Rollenspielmagazin „Casus Belli“ lieferte einige exzellente Abenteuer.

     

2002 brachte Oriflam dann eine etwas abgespeckte Version heraus namens CHEVALIERS. Hierdrin waren alle Regeln zur Erschaffung eines Ritters der Tafelrunde enthalten, der Hintergrund wurde allerdings nicht vollständig beschrieben.

Im Januar 2012 gingen die Rechte dann von Oriflam auf das Verlagshaus Éditions Icare über und es erschien Pendragon in seiner neusten Inkarnation basierend auf Greg Staffords aktuellste Pendragon-Version inklusive eines neuen Szenarios aus französischer Hand.
Daneben setzt Icare auf weitere französische Eigenproduktionen. In enger Anlehnung an Staffords ”The Great Pendragon Campaign” sollen im Laufe der nächsten Jahre zu jeder Phase mindstens ein Abenteuersammelband erscheinen, dessen einzelne Szenarien zunächst als pdf-Abonnement zur Verfügung stehen. Die ersten sieben Abenteuer für die Jahre 486 bis 492 aus der Feder Mahyar Shakeris sind im Januar 2013 gedruckt erschienen, die zweite „Season“ läuft gerade.
Gleichzeit wurde von Icare ein „Kickstarter“ für einen Spielleiterschirm auf der französischen Seite „ulule“ gestartet und erfolgreich beendet. Neben dem grandios aussehenden Schirm werden hier die neugestalteten Charakterbögen und eine Landkarte von Arthurs Reich gezeigt.


Auch auf französischen Fanseiten ist im Laufe der Jahre einiges an Spielbaren zusammen gekommen. Allein in der Scenariotheque finden sich rund 50 Abenteuer für König Arthurs Recken.

Ihr seht, von Zeit zu Zeit lohnt sich ein Blick in das Reich der Bretonen.

Das Biest Glatisant

„Ah, wir nennen es das Biest Glatisant, weißt du“, erwiderte der Monarch; er setze eine gelehrte Miene auf und begann, sich gewandt auszudrücken. „Also: Das Biest Glatisant oder, wie wir sagen, das Aventuiren-Tier – du kannst es so oder so nennen“, fügte er huldvoll hinzu – , „dieses Tier hat den Kopf einer Schlange, ah, und den Leib eines Pardels, die Keulen eines Löwen und die Läufe eines Hirsches. Wo dies Biest auch hinkommt – immer macht’s ein Geräusch im Bauch, wie das Geräusch von dreißig Koppeln Hunden auf der Hatz. – Außer an der Tränke, natürlich“, setzte der König hinzu.
„Muss ja ein schreckliches Ungeheuer sein“, sagte Wart und sah sich ängstlich um.
„Ein schreckliches Ungeheuer“, wiederholte der König. „Es ist das Biest Glatisant.“
– T.H. White
Der König auf Camelot

Wie König Pellinore dem jungen Arthur beschreibt, ist das Questentier ein äußerst merkwürdiges Wesen. In all der Zeit in der Pellinore es jagte, konnte er es nie zur Strecke bringen und doch blieb er ihr immer auf der Fährte. Denn immer wenn es scheinbar unauffindbar war, erklang von irgendwoher das Gekläffe und Geheule des Wesens. Es war der Auftrag oder Fluch der Pellinores dieses Wesen zu erlegen und doch gelang es keinem aus seiner Sippe. In späteren Zeiten sollte Palomides zum neuen Jäger des Tieres werden.

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Glatisants Ursprung

Nur Merlin weiß, woher das Bellende Tier stammt. Der Druide berichtet, dass eine Prinzessin, die ihren eigenen Bruder begehrte, einen Pakt mit einem Teufel schloss. Der Teufel würde die Liebe des Bruders zu seiner Schwester erwecken, doch dazu müsse die Prinzessin eine Nacht mit dem Teufel verbringen. Doch jeder Handel mit einem Teufel hat seine Tücken. Der Teufel sorgte dafür, dass die Prinzessin ihren Bruder der Vergewaltigung anklagte. Ihr Vater ließ daraufhin den eigenen Sohn von den Hunden zerreißen. Doch bevor der Bruder starb, prophezeite er seiner Schwester, dass sie eine Kreatur gebären würde, deren Schrei so klingen wird, wie die wilden Hunde, die ihn zerreißen werden. Und nachdem sich die Hunde am Fleisch und Blut des Bruders gelabt haben, sollte noch einige Zeit vergehen, doch die Vorhersage erfüllte sich.

Glatisant als Symbol

Das Aventuiren-Tier lebt um gejagt, nicht um erlegt zu werden. Es ist eine Sisyphus-Jagd, für alle die ihm verfallen. Pellinore vernachlässigte sein Königreich und seine Familie für die Jagd und doch konnte er es nie erlegen. Doch das Tier verwickelte ihn in Aventuiren und so ist Glatisant mehr als ein bellendes Tier, es ist ein Symbol für Abenteuer.
Glatisant symbolisiert die Lust auf das Abenteuer, die jeden Ritter vorantreibt. Es gilt Ruhm und Ehre zu erringen und Glantisant zu folgen, genügt bereits um spannende Questen zu erleben.
Doch Glatisant hat auch eine dunkle Seite. Leicht kann es als Vorankündigung für den drohenden Untergang von Arthurs Herrschaft angesehen werden. Als Wesen ohne Ziel und der Bestrebung seinen Jäger zu verwirren, ist es ein Zeichen des Chaos. Als Chimäre aus gefährlichen Kreaturen (Schlange, Leopard, Löwe und Hirsch) ist es ein Zeichen von Gewalt. Dazu verlockt es seinen Jäger – ja, es ist sogar sein einziger Zweck – Blut zu vergießen und zu töten. Schließlich ist es ein Zeichen der Blutschande, ein Symbol für den Inzest. Alle drei Aspekte werden zum Fall von Arthurs Reich führen, die Tafelrunde zerschmettern und England ohne seinen wahren König zurücklassen.

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Glatisant im Spiel

Die Werte für das Aventuiren-Tier befinden sich sowohl in der deutschen Ausgabe von Pendragon, als auch in der aktuellen englischen Auflage. In letzterer befindet sich zudem ein kleines Einführungsabenteuer, in dem man König Pellinore und Glatisant kennen lernt. Leider ist das Abenteuer nicht sonderlich spannend und es ist kaum mehr als ein Tutorial wie die Proben und der Kampf funktioniert.

Der Weg ist das Ziel
Glatisant kann überall auftauchen und die Charaktere in ein neues Abenteuer locken. Als Spielleiter kann man so ein verbindendes Element, zwischen einzelnen kurzen Abenteuerepisoden schaffen. Überall haben Bauern, Fahrende Ritter und Barden die Kreatur entdeckt und weisen den Charakteren den Weg. Unterwegs treffen die Ritter dann auf andere Aventuiren. Hier sind 1W6 Vorschläge:

1 – Ein Rudel Wölfe reißt alle Schafe in der Gegend. Doch Spuren deuten daraufhin, dass ein Reiter die Wölfe begleitet. In der Nacht können die Charaktere entdecken, dass ein schwarzer Ritter mit seinen Wölfen über die nahen Hofe herfällt. Er hält nichts von Ehre und lässt seine Wölfe los um die Ritter und ihre Pferde zu zerfleischen. Er versteckt sich in einem Lager im Wald.

2 – Jede Nacht hören die Dorfbewohner eine fremdartige Musik aus den Wäldern. Sie lockt die Frauen davon und keine kehrt mehr aus dem Wald zurück. Die Männer sind verzweifelt und bitten die Ritter, der Sache nachzugehen. Die Musik stammt von einem bösen Zauberer, der die Frauen gefangen hält, um sie bei den Pikten gegen Gold einzutauschen.

3 – In einem nahen See lebt eine Fee die einem die Zukunft vorhersagt. Doch sie muss mit einem Musikstück beeindruckt werden. Erst wenn sie mitsingt [Singen 10], also der Charakter einen konkurrierenden Wurf gewinnt, verrät sie ihm was in den nächsten 1W6 Jahren passieren wird. Gelingt ein kritischer Erfolg, könnte die Fee so sehr gefallen an dem Ritter finden, dass sie ihn bittet bei ihm zu bleiben.

4 – Ein Fuchs kommt zu jeder Mittagstunde ins Dorf und klagt. Ein Dorn steckt in seiner Pfote, doch niemand gelingt es ihn herauszuziehen. Erst wenn einem Ritter ein kritischer Erfolg auf [Stärke] gelingt, kann der Dorn gelöst werden. Er lockt den Ritter dann in den Wald zu einem Schatz von 1W6 Librum.

5 – In einem Fluss soll ein besonderer Karpfen schwimmen. Man sagt er hat Augen aus Perlen und Schuppen aus gold. Niemand konnte ihn bislang fangen. Jeder Ritter kann sein Glück versuchen und mit einem kritischen Erfolg auf [Jagd] fängt er den Karpfen. Einmal aus dem Wasser gehoben, erstarrt der Karpfen und kann auch nie wieder lebendig werden. Er ist tatsächlich aus purem Gold und hat einen Wert von 3W6 Librum.

6 – Auf einem Hügel steht eine alte Burg. Die Dorfbewohner trauen sich dort nicht hin und ihr Lehnsherr ist bereits seit Jahren nicht mehr gesehen worden. Reiten die Charaktere zum Burgtor, wird sie wie von Geisterhand geöffnet. Der Lehnsherr ist tot und sitzt vor einem Schachspiel. Er hat verloren. In dem Moment manifestiert sich aus einem Schwefelnebel ein Teufel. Er fordert die Charaktere zu einem Spiel heraus. Sie spielen um ihr Leben. Sie können 2W6 Jahre gewinnen, auf denen nicht auf der Alterungstabelle gewürfelt werden muss. Verlieren sie, altern sie sofort 2W6 Jahre. Der Teufel spiel gut [Spiel = 20], kann aber mit [Redekunst] aus dem Konzept gebracht werden, was seinen Wert halbiert.

Gefangen!
Wenn Glatisant den Untergang symbolisiert, könnte man dann die Katastrophe verhindern, wenn das Biest zur Strecke gebracht wird? Wäre Britannien, Arthur, die Tafelrunde, Lancelot und Ginevra gerettet? Es wäre eine Quest so wichtig und zentral wie die Suche nach dem Heiligen Gral. Es wäre der Schritt zu einem alternativen Gang der Geschichte oder es wäre das Ausspielen einer Tragödie, ein Abenteuer rund um das Scheitern und die Unzulänglichkeit der eigenen Fähigkeiten die Geschichte aufzuhalten. Aber was wäre, wenn die Ritter eine Möglichkeit finden?
Zunächst müsste das Tier aufgestöbert werden. Womöglich muss Pellinore bezwungen werden, da er als seine Aufgabe ansieht die Kreatur zu jagen. Andererseits weiß er mehr über Glatisant als jeder andere, Merlin ausgenommen. Letzterer könnte möglicherweise ein eigenes Interesse daran haben, dass Glatisant nicht getötet wird. Wie sollte sonst die Legende weiterleben? Für einen Spielleiter der bekanntes variieren möchte, könnte dies eine spannende Kampagne sein.

Im Dienste Pellinores
In dieser Variante sind die Spielercharaktere im Auftrag Pellinores unterwegs, um Glatisant aufzuspüren und ihm Boten zu schicken, sobald die Kreatur irgendwo gesichtet wurde. Pellinore sorgt dafür, dass die Ritter in der Jagd geschult sind, sie eine gute Ausrüstung haben und schnelle Pferde. Ihre Aufgabe wäre es dann Informationen zu sammeln, Spuren zu lesen, Jagden zu organisieren und schließlich Glatisant in Richtung Pellinores zu treiben, damit er es erlegen kann. Ruhm und Dankbarkeit des Königs wären einem gewiss!

Der Fluch des Aventuiren-Tiers
Eine weitere Variante: Vielleicht entwickelt einer der Charakter nach einem Treffen mit Pellinore und Glatisant eine Leidenschaft für die Kreatur. Dies kann leicht zu einem wahren Fluch werden, denn wann immer der Ritter seiner Leidenschaft nachgibt, verschwindet er aus dem Spiel und vernachlässigt für 3W6 Monate seine Aufgaben. Natürlich kann er unterwegs spannende Abenteuer erlebt haben und dies wären alles gute Ideen für kurze Soloabenteuer. Nichtsdestotrotz, kann Glatisant zu einem echten Fluch werden.

Zu Pfingsten vor 1503 Jahren…

Zu Pfingsten versuchten sich die verschiedensten Männer an dem Schwert, doch es gelang keinem außer Arthus; der zog es vor allen Herren und Gemeinen, die da waren, worauf alle Gemeinen zugleich riefen: Wir wollen Artus zum König haben, wir wollen ihn nicht länger warten lassen; denn wir alle sehen, dass es Gottes Wille ist, dass er unser König wird und wer sich dem nicht fügt, den wollen wir erschlagen. Darauf knieten sie alle zugleich nieder, arm und reich und baten Artus um Gnade, weil sie ihn so lange hatten warten lassen.

Gleich darauf fand die Krönung statt, und Artus gelobte seinen Lords und den Gemeinen, ein guter König zu sein und von nun an bis ans Ende seines Lebens wahre Gerechtigkeit zu üben.
– Malory I,7

15a-L

Vielleicht sollte ein Kapitel von der Krönung handeln. Natürlich machten die Barone einen ziemlichen Wirbel, doch da Wart mit dem Hineinstecken und Herausziehen des Schwertes bis zum Jüngsten Tag hätte fortfahren können und kein anderer in der Lage war, auch nur daran zu rütteln, mußten sie schließlich klein beigeben.
– T. H. White
Der König auf Camelot: Das Schwert im Stein

Zu Ostern vor 1503 Jahren…

Und da zog Artus das Schwert wieder heraus, aber einige der Herren waren ungehalten, dass Artus König sein sollte, und verschoben die Entscheidung auf Pfingsten.
– Malory I,6

Zu Lichtmeß vor 1503 Jahren…

Zu Lichtmeß kamen noch mehr große Herren zusammen, um das Schwert zu ziehen, doch keinem gelang es außer Artus, worüber die Barone seher erbost waren und sie die Probe auf Ostern verschoben.
– Malory I,6

Zum Dreikönigstag vor 1503 Jahren…

Am Dreikönigstag versammelten sich alle Barone, um zu sehen, wer von ihnen das Schwert herausziehen könnte, aber vor ihrer aller Augen brachte dies keiner fertig außer Artus. Darüber gerieten viele der Barone in Zorn und meinten, es sei eine große Schande für sie alle und das Reich, von einem Knaben beherrscht zu werden, der nicht von hoher Geburt sei. So einigten sie sich nicht und verschoben die Probe bis Lichtmeß auf ein neues Treffen der Barone.
– Malory I,6