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[RSP-Karneval] Wie man ein Lehen auspresst

“Noblemen are notoriously short of money. Being important is expensive!”– Pendragon 5th Edition

Als Herr über ein Lehen ist es für Ritter üblich regelmässige Abgaben von seinen Vasallen zu verlangen. Für den Schutz, den ihnen der Lehnsherr gewährt, geben sie freiwillig Geld- und Naturalabgaben, alles natürlich neben ihren Arbeiten am Hof des Herren, die auch Bau- und Wachdiensten, Jagddiensten und das Überbringen von Botschaften beinhalten.

Doch diese regelmäßigen Abgaben reichen nicht immer aus, und so hat ein Ritter jederzeit die Möglichkeit außerordentliche Abgaben von seinen Untertanen zu fordern. Dabei ändert sich die Stimmung bei diesen, was im folgenden durch die Leidenschaft Hass (Lehnsherr) bewertet wird. Sie startet in jedem Lehen mit 1W6. Mehr zu dieser Leidenschaft findet sich in Greg Staffords „Book of the Manor„. Insbesondere auf welche Weise ein Lehnsherr den Hass seiner Untertanen wieder verringern kann.

Die Taille
In jeder Winterphase hat der Ritter die Gelegenheit in der Einkommensphase vor dem Wurf auf der Einkommenstabelle eine Taille auszurufen. Die Taille oder Tallage ist eine meist einmalige Steuer, die der Feudalherr von allen seinen Untertanen eintreiben konnte, Adlige und Geistliche waren meistens von ihr befreit. Die Gründe dafür konnten manigfaltig sein:  Zum Ausheben einer Armee, dem Bau einer Stadt oder der Finanzierung eines Tuniers. Es konnten durchaus auch familäre Feste sein, doch alles was über die Heirat der ältesten Tochter und den Ritterschlag des ältesten Sohns hinausging, war dabei eher unüblich. Die maximale Höhe der Taille beträgt die Hälfte der Abgaben, die das Land in einem Jahr für gewöhnlich abwirft.

Zunächst werden die Untertanen zusammengerufen, um die neue Abgabe zu verkünden und ihnen den Zeitpunkt zu nennen, wann sie zu erbringen sei. Der Lehnsherr legt die von jeder Einwohnergruppe zu zahlende Summe fest; diese Gruppen mussten dann eigenverantwortlich für die Aufschlüsselung, Sammlung und Zahlung an den Herrn sorgen. Der Spielleiter würfelt darauf eine Probe auf Hass (Lehnsherr). Gelingt sie, steigert sich der Hass auf den Lehnsherrn um 1, die Abgaben werden aber gewöhnlich aufgebracht, wenn es auch vorkommt, dass die Vassalen den Lehnsherrn bitten in Jahren, die schlechter als Normal verlaufen sind, sein Tun zu überdenken. Besteht der Lehnsherr darauf, dann erhält er einen Haken bei Grausam und die Abgaben werden bezahlt.  Dem Ritter steht es frei, die Gründe für sein Tun zu erläutern und kann damit den Wurf auf Hass (Lehnsherr) mindern. Ein erfolgreicher Wurf auf Redekunst gibt einen Bonus von +5 auf den Wurf, ein kritischer sogar +10. Misslingt er allerdings kritisch, so steigert sich der Hass auf den Lehnsherrn automatisch um 2. Wann immer der Wert für Hass (Lehnsherr) auf diese Weise auf über 18 steigt, wird auf der Tabelle „Reaktionen auf  außerordentliche Abgaben“ gewürfelt.

Der Impost
Ein Impost ist „eine Auflage, welche die Unterthanen von ihren Gütern und Gewerbe, wohl auch von ihrer Person, theils jährlich theils bei außerordentlichen Fällen Dingen entrichten müssen“ (Brockhaus Conversations-Lexikon, 1807). Es handelt sich um einen jederzeit vom Lehnsherrn ausgerufene Abgabe beliebiger Höhe, die kurzfristig eingetrieben wird. Sei es eine Strafgebühr, da die Untertanen gegen ein Gesetz des Lehns verstoßen haben oder eine frisch erdachte Steuer, die mit den traditionellen Abgaben nichts mehr zu tun haben. Die Willkürlichkeit lässt den Hass auf den Lehnsherrn sofort um 2 steigen und gibt den Lehnsherr einen Haken bei Grausam und Willkürlich. Ein Ritter kann so ein Impost jederzeit und auch mehrmals im Jahr bestimmen, allerdings wird daraufhin sofort ein Wurf auf Hass (Lehnsherr) ausgeführt und bei Erfolg die Tabelle „Reaktionen auf  außerordentliche Abgaben“ konsultiert.

Historische Beispiele für Imposten
Das Laudemium: eine Erbschaftssteuer
Das Losgeld: für den  Wegzug eines Erbuntertanen von ihm oder seinen Verwandten zu bezahlen
Die Trank- oder Mahlgroschensteuer: auf Lebensmittel, die der Vassal meist selbst angebaut hatte
Die Milizgelder: für Truppeneinquartierungen auf dem Sitz des Lehnsherr
Die Rauchfangsteuer: jede Feuerstätten im Ort wurde mit einer Steuer belegt.

Eine Frage der Ritterlichkeit
Das Erheben von Steuern ist das Recht eines jeden Lehnsherr. Ebenso hat ein Ritter die Pflicht standesgemäß zu leben, um die ritterlichen Tugenden zu präsentieren, während die  Vasallen die Pflicht haben ihren Herren zu ehren. Außerordentliche Abgaben sind also ein probates Mittel, seinen Ruhm zu mehren und so mancher Ritter trug den Beinamen „Der Grausame“ stolz im Titel. Erst wenn der Ritter die Fürsorgepflicht für seine Untertanen vernachlässigt, ist es fraglich ob der Eid „Die Schwachen zu schützen“ noch verfolgt wird. Nicht umsonst gehört Gnädig zu den ritterlichen Tugenden. Es gilt also abzuschätzen wie viel „liebevolle Strenge“ man seinen Untertanen zumuten kann, aber das ist auch Teil des Ritterlebens.

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Tabelle: Reaktionen auf  außerordentliche Abgaben
1-5      – Hungersnot
6-10    – Massenflucht
11-13  – Sabotage/Diebstahl/Unterschlagung
14-16  – Offene Rebellion
17       – Mordanschlag
18       – Intervention der Nachbarn
19       – Intervention der Kirche
20       – Intervention des Königs

Erklärung:
Eine Hungersnot gibt einen Malus von -1 bei dem Wurf auf der Einkommenstabelle in der Winterphase. Die Hungersnot endet erst, wenn hier in einem der folgenden Winterphasen eine 5 oder 6 gewürfelt wird.
Die Massenflucht verringert den Wert des Lehens um 1W6 Librum. Wird der Wert daraufhin negativ, so gilt das Lehen als Ödland.
Sabotage/Diebstahl/Unterschlagung: Eine Gruppe Vasallen beginnt ihren Herren zu bestehlen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Jedes Jahr verliert der Lehnsherr in der Winterphase 1W20 Schillinge und der Hass der Untertanen steigt um 1. Um dem Einhalt zu bieten, muss er die Geschehnisse als Soloqueste untersuchen und die Schuldigen bestrafen. Dabei wird ein abschließend sofort ein Wurf auf Hass (Lehnsherr) nötig, bei dessen Gelingen eine offene Rebellion ausbricht.
In einer Offenen Rebellion erhebt sich das Volk gegen den Ritter. Es wird eine Schlacht gegen Bauern ausgespielt. Bauern nutzen improvisierte Waffen wie Flegel und Hacken mit einer Waffenfertigkeit von 10 und einem Schadenswert von 2W6. Werden sie besiegt, wird erneut auf der Tabelle mit einem Malus von 10 gewürfelt. Negative Ergebnisse bedeuten keine weiteren Auswirkungen. Sind sie siegreich, ist das Lehen für den Ritter und seine Familie verloren.
Bei einem Mordanschlag wird in der Winterphase zusätzlich auf der Tabelle Familienmitglieder mit einem Malus von -5 gewürfelt. Dieses Familienmitglied wird das Opfer des Anschlags. Ist das Ergebnis negativ, so ist der Ritter das Opfer. Der Anschlag gelingt, wenn ein Wurf auf Hass (Lehnsherr) gelingt. Ist der Ritter selbst das Opfer, kann dies auch in einer Soloqueste ausgespielt werden.
Bei einer Intervention der Nachbarn nutzt ein verfeindeter Nachbar die Situation aus, um die Untertanen und das Lehen zu „befreien“. Spielen sie eine Schlacht gegen eine gewöhnliche Schar Ritter aus, aber alle Würfe haben einen Malus von -5, da sich die Untertanen auf die Seite der Angreifer stellen.
Eine Intervention der Kirche bedeutet für den Ritter zunächst einen Verlust von 100 Ruhmespunkten. Zudem muss er 1W6 Librum an die Kirche zahlen oder gewinnt 1W6 Punkte an Weltlichkeit.
Bei einer Intervention des Königs verliert der Ritter sofort 200 Punkte Ruhm und muss sein Handeln vor dem Königshof erklären. Verliert er den vergleichenden Wurf Redekunst gegen Gerechtigkeit des Königs, so verliert er sein Lehen.

In jedem Fall sinkt der Wert für Hass (Lehnsherr) nach jedweder Reaktion um 1W6 Punkte.

Dies ist ein Artikel zum Thema Ausgepresst für den aktuellen Karneval der Rollenspielblogs.

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