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Blick über den Schildrand: GURPS – Camelot

Cover GURPS Camelot

GURPS Camelot ist ein Quellenbuch für das Universal-Rollenspielsystem GURPS geschrieben von Robert M. Schroeck und Peggy Schroeck und wurde 1991 publiziert.

In der typische GURPS-Tradition bietet das 128-Seiten starke Buch verschiedene Arten das bearbeitete Thema zu bespielen. Hier findet man Informationen zum mythischen Arthus eines  Geoffrey of Monmouth, Malory oder Chretien de Troyes, einer modernen oder cinematischen Version frei nach Mark Twain, T.H. White, John Steinbeck oder Marion Zimmer Bradley oder eines historischen Arthus.

Die typischen GURPS-Regeln bezüglich Kampf oder Magie werden vorgestellt oder konkretisiert z.B. durch Regeln für das Tjosten, Belagerungen oder Kräutermagie. Dann folgt eine Liste arthuriensicher Artefakte wie Balins Schwert, Merlins Bed oder die heilige Handgranate von Antiochia, aber auch die Klassiker Excalibur, Longinius Speer und der Heilige Gral. Hier merkt man, dass das Buch wirklich versucht, alle Versionen des Arthus-Mythos abzudecken, selbst den der Ritter der Kokusnuss.

Der historische und geographische Teil für den mythischen Arthus ist kanpp, aber informativ. Schwarzweiß-Karten von Britannien, Europa, Camelot, Avalon sind kein Augenschmaus, dennoch aussagekräftig. Information über höfische Liebe, die Rolle von Merlin und klassische Questen runden die erste Hälfte des Buches ab.

Informationen über Kampagnen im eher cinematischen Stil (inklusive der unausweichlichen Pythons) oder lieber mit dem historischen Arthus (alias Rhiothamus) inklusiver alternativer Karten von Camelot, Europa und Britannien (letztere mit den damals vorhandenen Römerstraßen) geben Hilfe, welche Art von Arthus-Legenden man spielen möchte.

Die darauffolgende Liste von Charakteren ist sehr ausführlich. Während die Hauptcharaktere inklusive GURPS-Stats natürlich unabdingbar sind, beeindruckte mich die Menge von weniger bekannten Rittern, Ladies und Magiern sehr. Zwar steht hier meist nur der Name und maximal ein Satz, aber auf der Suche nach stimmungsvollen NSC schien mir das sehr hilfreich.

Eine relativ kurze Übersicht an Kreaturen, sowohl normale wie auch mystische, inklusive Drachen und Feen, rundet das Buch ab. Die abschliessende Bibliographie (plus Filme und Fernsehserein) ist recht ausführlich, endet aber natürlicherweise Anfang der 1990.

Fazit: Optisch macht der Band leider nicht viel her, dafür findet man, wie oft bei GURPS-Quellenbücher, einen Haufen wild verstreuter Informationen, die tolle Anregungen für das eigenen Spiel geben können. Die Sachen scheinen gut recherchiert, sind knapp, aber informativ. Insgesamt ist die Anzahl der GURPS-spezifischen Angaben eher gering, sodass das Buch für den Pendragon-Spielleiter gut lesbar ist. Hier findet er Ideen, die -falls er das möchte- neuen Wind in seine Abenteuer bringen . Vielleicht steht ihm und den Spielern ja eher der Sinn nach einem historischeren Arthus oder vielleicht wollen sie doch einfach nur dem Killerkaninchen begegnen.

Beziehen kann man das Quellenbuch als PDF über die Webseite von Steve-Jackson-Games. In gedruckter Form ist es nur noch schwer zu bekommen, da es seit einigen Jahren „out-of-print“ ist.

Kleiner Nachtrag: Auf der Webseite des Autors finden sich ein paar Informationen, die es nicht in das Buch geschafft haben.

Blick über den Schildrand: Prince Valiant

1989 adaptierte Greg Stafford die Comic-Abenteuer von Prince Valiant (alias Prinz Eisenherz für den deutschsprachigen Leser) und erschuf damit ein simples, gut geschriebenes und für seine Zeit äußerst innovatives Rollenspiel. Schon deutlich vor Rein-Hagens Vampires gab es hier ein „Story-Telling-Game“ und sogar die Intention, den Spielern die Möglichkeit zu geben, auch mal das Ruder des Spielleiters an sich zu nehmen.

PrinceValiantCover

Die Bebilderung durch Hal Fosters wunderschöne Schwarz-Weiß-Comiczeichnungen führen in die Welt des König Arthurs und die von den Spielern verkörperten Charaktere sind Ritter der Tafelrunde. Auch ansonsten übernimmt das Rollenspiel eine Menge des zuvor von Greg Stafford erschaffene Pendragon: Die Magie und das Übernatürliche sind sehr zurückgenommen und ein besonderer Fokus liegt auf dem Sammeln von Ruhm.

Die Charaktererschaffung ist einfach gehalten, denn es gibt nur zwei (!) Attribute  Brawn (Muskeln) und Presence ((Geistes-)gegenwart, also quasi alles, was nicht physischer Natur ist). Zwischen diesen können 7 Punkte verteilt werden. Danach verteilt man noch 9 Punkte auf einige der 14 gelisteten Fertigkeiten (Arms(Waffen) und Riding(Reiten) sind dabei Pflicht). Presto!
(Die ebenfalls im Buch enthaltenen erweiterten Regeln geben übrigens Gelegenheit, auch andere Arten von Rollen abseits des Ritters zu spielen.)

Man kann zudem aus verschiedene Persönlichkeitsmerkmale wie „Angst vor Ratten“, „Grausam“ oder „Schwatzhaft“ wählen, bei dessen erfolgreicher Darstellung der Spielleiter zusätzliche Ruhmespunkte vergibt.

Das Fertigkeitensystem ist ebenso einfach und basiert auf Münzen. Man wirft nämlich passend zur bestehenden Aufgabe so viele Münzen wie man das jeweilige Attribut plus dem jeweiligen Fertigkeitswert hat. Sobald man einen Erfolg (Kopf) erzielt, hat man es gewöhnlich geschafft, der Spielleiter kann aber auch eine gewisse Anzahl an Erfolgen vorgeben, die erreicht werden müssen. Befindet man sich in einem Widerstreit mit einem anderen (Nichtspieler-)Charakter, so gewinnt derjenige mit den meisten Erfolgen. In einem Kampf bringen Waffen und Rüstung noch weitere einfach Modifikationen. Wird man im Kampf verwundet, so darf man weniger Münzen benutzen.

Ruhm übernimmt nicht nur die Aufgabe von Erfahrungspunkten, mit denen man im Laufe des Spiels seine Fertigkeiten verbessern kann, sondern entscheiden unter anderem auch, welche Ritter einen zu Duellen auffordern, die Größe der Menschenmenge, die sich jubelnd einfinden, wenn man in eine Stadt reitet und ob Räuberbanden schon die Flucht ergreifen, bevor man in den Kampf tritt.

Einen großen Teil des Regelbuchs nimmt das Kapitel Spielleiten ein. dass nicht nur eine gute Einführung in das Leiten für Neulinge ist, sondern auch eine Menge Tipps für alte Hasen enthält. Die Rolle des Spielleiters als Storyteller rückt hier stark in den Fokus.

Das Buch enthält außerdem noch 20 Kurzabenteuer und einige Beispielcharaktere aus dem Comic-Strip, die einen schönen Überblick über die Möglichkeiten von Prince Valiant Abenteuer aufzeigen.

Ein interessantes Gimmick der erweiterten Regeln besteht in der Möglichkeit, dass ein Spieler für einen kurzen Zeitrahmen (z.B. eine Queste) die Rolle des Spielleiters übernimmt. Dafür erhält er ein „Storyteller Certificate, ” das er benutzen kann, um im späteren Spielverlauf für seinen Charakter einen von dreizehn Spezialeffekten  wie „Rettung vor dem sicheren Tod“ oder „Finde einen Fluchtweg“ aber auch “Schlage einen Feind bewusstlos“ oder „Bringe einen Menschenmenge hinter dich“ zu nutzen.

Fazit: Der kleine Bruder von Pendragon lohnt sich, wenn man mal ein kurzes Spiel mit Neulingen im Arthurischen Umfeld beginnen möchte, die man mit zu vielen und komplizierten Regeln nicht verschrecken will. Ansonsten ist es höchst lohnenswert Greg Staffords Storyteller Tipps zu lesen oder zu überlegen, ob man nicht das „Storyteller Certificate” als kleine Belohnung für den engagierten Spieler in die klassischen Regeln übernimmt. Leider ist das bei Chaosium erschienene Werk out-of-print.

Blick über den Schildrand

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Egal ob Regelsystem, Hintergrundbeschreibungen, Szenarien oder Monsterhandbuch: Die Kolumne soll einen Ausblick auf die Möglichkeiten geben, andere Rollenspielprodukte abseits der Pendragon-Linie für seine arthurianischen Spielabende zu nutzen.

Einen Anfang soll das Pendragon-nahe Prince Valiant machen…